In meinen Trainings und Seminaren begegnet mir ein Satz immer wieder: „Ja Frau Porsch, das stimmt. Aber das weiß ich ja schon.“
Ich muss dann immer grinsen: „Na wenn Du es weißt, warum machst Du es dann nicht?“ Betretenes Schweigen. Das spannende ist: wenn wir scheitern, scheitern wir in den wenigsten Fällen am Wissen. Wir scheitern, weil wir das, was wir wissen, nicht machen. Wir suchen lieber nach etwas Neuem, anstatt das, was wir bereits wissen, einfach mal zu umzusetzen. Warum?
Wir werden in der Schule schon zu „Wissensjunkies“ erzogen- und das „Einfach-mal-machen“ wird uns gleichzeitig abtrainiert. Viel zu gefährlich, das könnte ja schiefgehen. Wir lernen zu lernen, aber wir lernen nicht, es zu tun. Wir kriegen beigebracht, das Wissen den Unterschied ausmacht zwischen erfolgreich und erfolglos und wundern uns, wenn wir alles wissen und es trotzdem nicht funktioniert.
Wie viele Menschen stehen jeden Morgen völlig frustriert auf, machen einen Job, auf den sie eigentlich keinen Bock haben, wissen, dass es das Beste wäre zu kündigen aber machen es nicht? Wir Deutschen werden zu theoretischen Wissensmeistern erzogen, nur das Umsetzen bleibt auf der Strecke. Wir werden so sehr auf Wissen konditioniert, dass wir gar nicht mitbekommen, dass wir uns damit selber ins Aus schießen. Heute, und in Zukunft noch viel mehr. Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Globalisierung, Disruption, Industrie 4.0… . Alles Schlagworte unserer Zeit, die eines gemeinsam haben: die Dinge verändern sich. Und wenn wir nicht bereit sind, uns mit zu verändern, fliegen wir raus aus dem System.
Wie weit bringt uns klassisches Wissen, wenn Wissen schon heute über das Internet ständig und überall verfügbar ist? Wie weit bringen uns unsere mühsam angeeigneten Erfahrungen, von denen wir uns oft so schwer trennen möchten, wenn sich schon morgen alles ändert? Wie weit bringen uns unsere Expertise und unser Know-how, wenn wir damit in Konkurrenz zu Watson und künstlicher Intelligenz stehen?
Frage ich Unternehmen nach ihrem USP kommen immer die gleichen Dinge: jahrelange Erfahrung, Fachkompetenz, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, perfekte Ausführung usw… . Dumm bloß, wenn du das gleiche auf jeder zweiten Homepage findest. Über Produkte, Dienstleistungen und Kompetenz können wir keinen Blumentopf mehr gewinnen. Das bieten alle anderen auch. Die gute, alte Zeit war schön, interessiert aber heute nicht mehr. Glaubt man diversen Studien, wird es jeden zweiten Job in 10 Jahren nicht mehr geben. Klar können Sie jetzt denken: im Leben nicht! Aber was, wenn doch?
Ich finde diese Vorstellung übrigens gar nicht schlimm. Im Gegenteil. Die Gegenwart und auch die Zukunft halten wunderbare Chancen bereit – für alle, die bereit sind, sie zu nutzen. Für alle, die bereit sind, sich von ihrer Konsumhaltung nach dem Motto: „Ich habe Anspruch auf einen Job und ein gutes Leben, also kümmere Dich gefälligst (lieber Staat, Arbeitgeber, Kollege usw)“ zu lösen. Und für alle die, die bereit sind zu erkennen, dass das, worauf wir uns die letzten Jahre und Jahrzehnte verlassen und ausgeruht haben, morgen nicht mehr gilt.
Klassische Kompetenzen, wie Know-how, Erfahrungen und unser fast angeborenes Streben nach Kontrolle und Sicherheit haben ausgedient. Freiheit ist die neue Sicherheit. Und mit der müssen wir lernen, umzugehen. Die Kompetenzen der Zukunft sind andere. Es sind Fähigkeiten wie Agility, Selbstmanagement und Influencing, die uns erfolgreich und zukunftsfähig machen. Es sind persönliche Skills, die die fachlichen ablösen.
Auch wenn sich viele Dinge im Laufe der letzten Jahre geändert haben: das, was sich nicht geändert hat, ist unser Bildungssystem. Ebenso wenig wie die Ausbildungssysteme der meisten Unternehmen. Menschen werden fit gemacht in Bereichen, die sie nicht (mehr) brauchen oder in denen sie zukünftig ersetzt werden. Und das, was sie wirklich bräuchten, lernen sie nicht. Wie soll das funktionieren? Das wäre das gleiche, als wenn man Sie mit einem PKW-Führerschein in einen Flieger setzt und zwingt zu fliegen. Was meinen Sie passiert? Genau, Sie stürzen ab.
Vielleicht regt sich jetzt in Ihnen Widerstand und Sie denken: na wer weiß, ob das alles so passiert. Stimmt. Die Glaskugel hat keiner. Aber wenn wir darüber nachdenken, dass zwischen Web 2.0 und Watson grade mal etwas mehr als 10 Jahre liegen, wollen wir dann wirklich davon ausgehen, dass sich in Zukunft alles langsamer entwickeln wird?
Wir brauchen für viele Dinge noch nicht mal in die Zukunft schauen. Viele Auswirkungen haben wir schon heute. Plattformen wie Upwork, My-little-job usw. bieten Unternehmen schon heute die Möglichkeit, Arbeitsleistung dann eizukaufen, wann sie sie brauchen, so lange , wie sie sie brauchen und zu dem Preis, den sie ausgeben wollen. Nicht nur regional, sondern international. Ist es da nicht ignorant zu denken: „Na mich betrifft das nicht?“ Oder ist es da nicht vermessen zu denken: „Dann muss der Staat halt dafür sorgen, dass es mir gut geht?“
Wie immer wird Gewinner und Verlierer geben. Nur die Schere wird weiter auseinandergehen. Es wird die geben, die den Kopf in den Sand stecken und denken: „Na warte ich mal ab. So schlimm wird es schon nicht werden.“ Und dann gibt es die, die denken: „Klasse, die Chance nutze ich.“ Was meinen Sie, wird der Großteil machen?