Als Kind fand ich es ganz furchtbar, wenn mir meine Lehrer oder meine Eltern erzählen wollten, was ich zu tun habe. Diese Aversion gegen Bevormundung habe ich auch heute noch. Vielleicht fällt es mir auch deshalb so schwer nachzuvollziehen, warum Menschen sich freiwillig und teilweise sogar gerne vorschreiben lassen, wie sie leben sollen.
Mein erster Chef im Immobilienvertrieb meinte mal zu mir: „Porschi, du musst dich entscheiden im Leben. Bist du Busfahrer oder Passagier.“
Vielleicht ahnen Sie du, was meine spontane Antwort war: „Ich? Ich bin der Busfahrer. Ich entscheide, wo es lang geht, wer sonst.“ Ich war Mitte zwanzig und felsenfest davon überzeugt, dass ich vorne sitze. Heute weiß ich es etwas besser. Klar saß ich vorne im Bus, solange alles gut ging. Wenn mir irgendetwas um die Ohren geflogen ist, wenn etwas schiefgegangen ist oder ich Mist gebaut habe, mussten auch schnell mal andere herhalten. Dann war der Kunde schuld, der meiner Argumentation einfach nicht folgen konnte, die Medien, die so negativ über Immobilienvertriebe berichteten, die Banken, die so hohe Zinsen verlangten (ja, damals waren die Zinsen noch hochJ)…und und und… Fakt: Nicht ich war schuld, wenn die Verkäufe nicht so liefen wie ich das wollte, sondern die anderen – oder die Umstände. Und damit saßen sie auf einmal vorne am Steuer und ich auf der Passagierbank. Ich hatte die Verantwortung an sie abgegeben und damit auch meine Macht. Ich entschied nicht mehr was passierte, sondern die anderen, oder die Umstände. Letztendlich hat mich diese Passagierhaltung dann irgendwann sogar in die Pleite geführt. Da blieb ich dann auch solange drin, bis ich anfing, die Schuld nicht mehr woanders zu suchen. Bis ich anfing, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Verantwortung für mein “Scheitern“ zu übernehmen.
In dieser Zeit habe ich eine meiner wichtigsten Lektionen im Leben gelernt: Nicht die Umstände entscheiden was passiert, sondern das, was du aus den Umständen machst.
Immer wenn ich mich dabei ertappe, die Verantwortung abzugeben, frage ich mich: „Willst du diesen Menschen wirklich ans Steuer Deines Busses setzen? Willst du, dass er/sie entscheidet, wo du langfährst und wo Du ankommst?“ In der Regel habe ich dann innerhalb von Sekunden die Antwort. NEIN. Das will ich nicht. Dann beiße ich lieber in den sauren Apfel und setze mich selbst vorne hin, auch wenn es erst mal schwerer erscheint. Aber wenigstens entscheide ich, wo ich ankomme.
Wir lernen es nicht anders
Diese Verantwortungs-Delegation begleitet uns jeden Tag. Im Business und privat. Alle sind schuld, bloß ich nicht ich. Im Endeffekt brauchst Du nur den Fernseher anzumachen und schon hast du lauter Passagiere: Einmal ist das Wetter schuld, dann der Papst, oder die Medien, die Politik, der Unternehmer, der Chef….wer auch immer. Wir sind Meister darin, Schuldige zu suchen und zu finden.
Warum ist das so?
Wir kriegen dieses Verhalten jahrelang mühsam antrainiert. Schon in der Schule lernen wir: Du darfst nichts falsch machen. Wer Mist baut oder Fehler macht, wird bestraft. Was lernen wir daraus? Wenn etwas schief geht, such Dir jemanden, der es verbockt hat. Das tut nicht so weh. Stimmt, erst mal nicht, aber nachhaltig dafür umso mehr.
Nur ein paar Fakten:
- Fast jeder zweite Traum bleibt ungelebt => aber keiner zwingt uns, unsere Träume zu begraben
- 90% aller Arbeitnehmer sind unzufrieden mit ihrem Job => aber wir werden nicht Handschellen zu Arbeit geführt
- Fast jede zweite Frühverrentung ist die Folge seelischer Leiden=> keiner hat gesagt, dass ein Job bis zur Rente halten muss
- Die Zahl der Burn-Out Fälle steigt von Jahr zu Jahr=> niemand sagt uns, dass wir in dem Hamsterrad bleiben müssen
- Die meisten „alten“ Menschen wünschen sich, dass sie sich weniger Sorgen gemacht hätten => keiner hindert uns daran, uns mehr schöne Gedanken zu machen
Wir stehen jeden Tag vor der Entscheidung, was wir aus dem Tag, der Woche und damit unserem Leben machen. Es ist unsere Entscheidung. So hart das Schicksal auch manchmal scheint, aber viel härter ist, was wir daraus machen.
Wenn du unzufrieden bist, wenn du unglücklich bist, mutlos oder frustriert, überlege nicht, wer dafür verantwortlich ist, sondern überlege dir, wie du das Ganze ändern kannst. Setze dich vorne in den Bus, übernimm das Steuer und entscheide selbst, wo Deine Lebensreise hingeht.